“Nichts ist so beständig wie der Wandel” - Heraklit von Ephesus
In meinem Blogbeitrag über Krisen bin ich über die Themen Kontrolle und Sicherheit gestolpert. Dazu ist mir gleich dieses Zitat eingefallen, denn das einzig sichere ist der Wandel.
Sicherheit ist ein wichtiges Bedürfnis des Menschen. Viele kennen die Maslowsche Bedürfnispyramide und wissen, dass das Sicherheitsbedürfnis gleich auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse bzw. der physiologischen Bedürfnisse aufbaut. Was aber ist Sicherheit? Gehen wir weiter von Maslows Pyramide aus, wird hier meist die materielle und berufliche Sicherheit angeführt, sprich: Dach über dem Kopf und Arbeit. In einer immer schneller sich wandelnden Welt droht das Sicherheitsbedürfnis nicht dauerhaft gestillt werden zu können. Gerade in der Berufswelt ist immer mehr Flexibilität gefragt und in Krisenzeiten steigt die Angst alles an Sicherheit zu verlieren.
Sicherheit als Utopie. Ich möchte mit der Betrachtung nun etwas universeller werden und wenn ich das weiterdenke komme ich zu folgendem Schluss. Für mich existiert Sicherheit in der Wirklichkeit nicht. Wir haben uns die Definition von Sicherheit selbst geschaffen. Das etwas sicher eintritt oder mit Sicherheit bestehen bleibt ist das Streben nach etwas, das es nicht gibt. Also treffen wir Annahmen, damit wir uns sicher fühlen. Wir glauben an etwas, um uns sicher zu fühlen. Wir suchen nach allem möglichen, an dem wir uns festhalten können, um uns sicher zu fühlen. Und diese Sicherheit gibt uns das Gefühl Kontrolle zu haben - über unser Leben, über uns selbst. Aber Sicherheit und Kontrolle als solches sind für mich nicht real. Diese Betrachtung kann eventuell zunächst Angst machen; kann aber auch dazu führen, dass man sich freier fühlt. Was ich damit meine?
Stetiges Wandeln bedeutet Beständigkeit. Ich habe früh angefangen Wandel zu akzeptieren und mittlerweile genieße ich ihn sogar. Natürlich habe auch ich immer wieder Phasen, in denen eine innere Stimme mir klar machen will, dass ich mehr Beständigkeit und Sicherheit benötige. Ich spüre dann tief in mich und in den Moment hinein und frage mich selbst, ob mir im Hier und Jetzt etwas fehlt. Meistens kann ich dann mit „Nein“ antworten und mit großer Dankbarkeit meine innere Stimme beruhigen. Wenn man es schafft los zu lassen und sich bewusst wird, dass sich immer, jeden Tag, jede Sekunde irgendwo etwas verändert, verliert der Wandel seine Bedrohung. Ich kenne so viele Menschen, die auf die Frage: „Was gibt es Neues?“, antworten: „Nichts, aber das ist eh gut so.“ Warum soll das gut sein?
Wenn sich nichts ändert, leben wir aus unserer Vergangenheit heraus. Wir folgen unseren Gewohnheiten. Wir laufen auf Autopilot unseres Unterbewusstseins. Es steuert 90 bis 95 Prozent und zwar nicht nur die Funktionen des Körpers, sondern auch unsere Entscheidungen, Handlungen, Gedanken, Gefühle. Aber warum? Jede Sekunde empfangen wir Unmengen an Reizen, die zunächst einmal von unserem Unterbewusstsein abgecheckt werden. Wird dort ein abgespeichertes Programm gefunden, wird es angewendet und wir reagieren so, wie wir es gewohnt sind zu tun. Wir leben in unseren Routinen und viele kennen das unwohle Gefühl, wenn Gewohntes durcheinander geworfen wird. Denn auf einmal ist etwas Neues da, die geglaubte Sicherheit wird angegriffen. Was aber passiert, wenn wir immer auf Basis von dem leben, was wir in unserer Vergangenheit (viel davon durch Kindheitsprägungen) gelernt und abgespeichert haben. Wir verhalten uns immer gleich, es ist kein Platz für Weiterentwicklung.
Entwicklung bedingt Wandel. Wenn wir es schaffen uns bewusst zu machen, aus welchen Prägungen heraus wir handeln, wie diese unser tägliches Gedankengut und Gefühlsmuster bedingen, dann können wir darauf Einfluss nehmen. Wenn wir über Kontrolle sprechen, dann ist es folgendes für mich, was es zu erreichen gilt – die Kontrolle über meine Gedanken und Gefühle, das Nichtausgeliefertsein durch Erfahrungen und Prägungen, das Erkennen, dass es meine Entscheidung ist, ob ich mein gewohntes Programm abspielen will oder neugierig bin, auf „Schließen“ drücke und abwarte was passiert.
Sicherheitsgefühl durch das Anfreunden mit dem Wandel. Egal welche Entscheidung ich treffe und was ich tue, wenn die Auswirkung da ist, werde ich damit umgehen können. Daraus schöpfe ich meine Sicherheit und es ermöglicht mir gleichzeitig offen für Neues zu sein, mich ständig weiterzuentwickeln. Ich über mich darin aufzuhören, zu versuchen, meine Zukunft vorauszusehen. Denn das tun wir aus unserer Vergangenheit heraus, weil wir eben geprägt sind durch unsere Erfahrungen. Wenn ich mir ständig aus den „alten“ Erfahrungen, Gedanken und Sorgen um die Zukunft mache, wird meine Zukunft genau so sein, wie das Jetzt und wie meine Vergangenheit. Wenn ich über meine Zukunft nachdenke, tue ich das mit Visionen, mit Gedanken und Gefühlen, die NICHT meiner Vergangenheit entsprechen. Die größer, besser, schöner sind als alles, was ich bisher erlebt habe – denn da will ich hin. Und ich habe schon so viel Schönes erlebt, deshalb kann ich auf diese Emotionen zurückgreifen und sie noch größer machen. Natürlich falle ich manchmal zurück in Zweifel, Angst, Sorgen, Negativität und allen anderen Emotionen, die ich auch in meinem Leben erfahren musste. Ich will mir dessen aber bewusstwerden und entscheide mich jedes Mal, wenn sie im Bewusstsein sind, dass ich sie nicht in meine Zukunft mitnehmen will. Das geht ja nicht…die werden immer da sein, meint ihr? Ja, vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht sind sie ja wirklich nur da, weil wir es erwarten, weil wir es zulassen. Was ich damit meine ist: Natürlich werde ich in meinen Leben noch Scheitern, Absagen erhalten, Enttäuschungen erfahren, Menschen verlieren. Nur, wer sagt, dass ich darauf mit Angst, Sorge, Verzweiflung, Selbstwertverlust, Neid, Wut, Zorn reagieren muss?
Wenn das Negative das Gewohnte ist. Auch wenn es paradox ist, wollen wir immer das was wir kennen, auch wenn es negativ ist. Denn dann fühlen wir Sicherheit, weil wir es bereits erlebt habe. Wenn also jemand ständig gelernt hat, das er scheitern wird, dem würde ein Erfolg Angst machen. Denn das Scheitern ist die Gewohnheit, er erwartet es bereits vor jedem Versuch, alle Schaltungen im Gehirn sind so programmiert und Körper und Geist laufen dieselben Muster durch. Wenn aber da plötzlich Erfolg ist, müsste sich alles in diesem Menschen ändern. Das überfordert Hirn und Körper. Da gibt es keine abgespeicherten Programme, auf die zurückgegriffen werden kann.
Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Veränderung der eigenen Gedanken und somit der Zukunft möglich ist und ich habe es schon erfahren. Auch gibt es dazu immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Hirnforschung. Was vor einigen Jahren noch Esoterik und Hokuspokus war, kann durch Messungen nachgewiesen werden. Es ist ein Weg und es sind Entscheidungen. Es ist der Mut zum Unbekannten. Und ich denke und fühle mir das Unbekannte schön!
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